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Frag die ESSERwisser!

Haben Fleischersatzprodukte auch Nachteile?

[Prof. Eisner] Sind natürlich nur ein Ersatzprodukt und kein echtes Fleisch. Hier sind keine tierischen Fette enthalten, allerdings fehlen auch gewisse Aminosäuren, die im Fleisch vorhanden sind. Außerdem müssen in diesen Produkten Vitamine zugesetzt werden. Wenn allerdings diese Punkte beachtet werden und eine gute Zusammensetzung der Aminosäuren gewährleistet wird, dann bestehen da keine Probleme. Erbsen, Lupinen und Sojabohnen sind Leguminosen, die aus dem Stickstoff der Luft Biomasse in Form von Protein gewinnen. Es gibt noch viele Ideen dazu, was damit noch alles gemacht werden kann, bei einem guten Produkt. Allgemein kann man aber sagen, dass bei den Fleischersatzprodukten keine Nachteile zu erwarten sind.

Was ist nachhaltig besser: Obst/Gemüse (z.B. Äpfel) außerhalb der Saision (z.B. aktuell gerade) aus Deutschland, also regional, zu kaufen oder importiert z.B. aus Neuseeland?

[Prof. Eisner] Obst und Gemüse, welches in der Saison erzeugt wird ist immer am nachhaltigsten. Eigentlich weiß jeder, dass man die von der Natur vorgegebenen Zeiten nutzen sollte, also zum Beispiel Spargelzeit oder Erdbeerzeit. Natürlich kann man da auch mal Ausnahmen machen, aber für die Nachhaltigkeit muss man auch beachten, dass viele Emissionen außerhalb des Transports entstehen. Deshalb kann auch weiter Transport manchmal nachhaltiger sein. Aber hier kann man keine allgemeingültigen Aussagen treffen.

Ist die Bevölkerung von Freising wissenschaftlich repräsentativ?

[Prof. Hauner] Natürlich nicht, wir haben uns bestimmte Altersgruppen und einigermaßen gesunde Menschen ausgesucht und das ist nicht mit der Allgemeinbevölkerung deckungsgleich.

Allerdings kenne ich auch einige Ernährungserhebungen, die repräsentativ sind. Diese Ergebnisse decken sich sehr gut mit unseren.

Sind Milchalternativen wie Hafer etc. eine gute Alternative? Ist das von der Ausbeute und vom Anbau, zum Beispiel Soja, gegebenenfalls auch wieder schlecht, im Hinblick auf Umwelt und Ernährungsphysiologie?

[Prof. Hauner] Diese Produkte sind auf Pflanzenbasis und haben mit Milch eigentlich nichts zu tun. Je nachdem, welches Produkt man am Ende haben möchte, sind verschiedene technologische Verfahren notwendig. Am besten untersucht ist Sojamilch. Diese sind im Großen und Ganzen in Ordnung. Soja hat eine hochwertige Eiweißqualität, sehr ähnlich einem Ei. Daher ist es als pflanzliches Eiweißprodukt sehr gut zu empfehlen. Bei den anderen Ersatzprodukten muss man schon genau hinschauen. Wenn es schmeckt, ist es dennoch natürlich in Ordnung.

Allerdings wird Milch derzeit etwas verteufelt, was ich nicht ganz nachvollziehen kann. Es ist ein wichtiges Lebensmittel, auch in Deutschland gehört es seit langer Zeit zur kulturellen Ernährungstradition. Einen Grund dafür, davon abzuweichen, gibt es eigentlich nicht, außer eine Laktoseintoleranz liegt vor. Es ist bei richtigem Einsatz ein hochwertiges Lebensmittel. Aus dieser Ablehnung von Milch, vor allem bei jungen Menschen aus Tierwohl Gedanken heraus, greift man dann gerne zu den Ersatzprodukten. Allerdings zeigt sich hier kein gesundheitlicher Vorteil und auch ökonomisch bieten sich keine Vorteile.

Warum ist die Forschung nach alternativen Nahrungsmitteln (wie etwa Seegurken, Quallen, Insekten) wichtig? Wie können wir Hemmungen bei den Verbrauchern überwinden, die sich möglicherweise vor Insektennahrung ekeln?

[Prof. Eisner] Ist es sinnvoll, Ekel zu überwinden? Ich denke, dass muss im Kopf passieren. Ich bin ein Befürworter davon, dass ein Lebensmittel einem Menschen schmecken sollte, bevor er es verzehrt. Wenn Menschen einen Ekel vor Insekten verspürten, dann sollte das auch akzeptiert werden. Stattdessen sollte man Menschen zum Experimentieren anregen und freiwillig mehr probieren. Die Forschung an diesen Alternativen sollte allerdings wegen dem bei manchen Menschen vorherrschenden Ekel nicht eingestellt werden. Denn die Forschung kann in diesem Bereich sinnvolle Ergebnisse erzielen und durchaus einigen Menschen einen großen Nutzen schaffen.

Sollten vegane Fleisch und Milchalternativen mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert werden?

[Prof. Hauner] In der Regel ja, vor allem mit den kritischen Nährstoffen, die bei einer veganen Ernährung fehlen. Besonders wichtig ist hier Vitamin B12, da dieses sonst gar nicht in pflanzlicher Ernährung vorkommt. Bei anderen Mikronährstoffen ist es nicht so eindeutig, ob supplementiert werden muss. Heute gibt es eher den Trend, dass oft sehr viel supplementiert wird. Diese Supplemente sind sehr billig und werden deshalb so häufig den Produkten beigegeben, um eine Erhöhung des Wertes zu suggerieren und einen Wettbewerbsvorteil zu erhalten. Oftmals hat es also gar nichts mit Gesundheit zu tun.

Bei veganen Produkten ist die Problematik aber wohl eher, dass vor allem bei Fleischersatzprodukten eine hohe Verarbeitung und Zugabe vieler Zusatzstoffe notwendig ist, um den gewünschten Geschmack und Textur zu erhalten. Dafür ist auch ein hoher technologischer Aufwand notwendig.

Besonders populär sind derzeit Milchersatzprodukte, hier wird technisch auch sehr viel gemacht, um möglichst nahe an Kuhmilch dranzukommen. Auch solche Ersatzprodukte sollten wissenschaftlich gut untersucht werden. Von Vornherein davon auszugehen, dass vegane Produkte gut und gesund sind, ist nicht sinnvoll.

Welche der Fleischalternativen hat den geringsten CO2-Abdruck?

[Prof. Eisner] Hängt davon ab, ob ein Rohstoff verwendet wird, dessen anderen Bestandteile auch genutzt werden. Erbsenprotein war beispielsweise jahrelang nur ein Abfallprodukt aus der Produktion von Erbsenstärke. Die Überreste wurden auf dem Feld verteilt. Heute bearbeitet man das Abwasser und zieht die Erbsenproteine raus und kann Burger daraus herstellen. Von so einem Produkt ist der Fußabdruck natürlich hervorragend. Daher sollte man sich immer mit den Wertschöpfungsketten der Lebensmittel auseinandersetzen, um diese Frage zu beantworten. 

Was ist Ihre Meinung zu vegetarischer Ernährung von Babys (also rein vegetarische Beikost neben dem Stillen)? Haben Sie eine Buchempfehlung oder Studien zu diesem Thema?

[Prof. Hauner] Vegetarische Ernährung und vor allem vegane Ernährung bei Babys und Kleinkindern sehen wir aufgrund ihres hohen Nährstoffs- und Energiebedarfs kritisch. Menschen sind evolutionär gesehen Allesesser und gewisse Mengen tierischer Produkte sind einfach notwendig. Das Vitamin B12 ist beispielsweise nur über tierische Produkte für uns verfügbar.

Sinnvoller ist eine vernünftige Ernährung in der Familie in den Folgejahren, die dann auch vegetarisch oder vegan sein kann. Allerdings muss hier auf die Supplementation mit B12 geachtet werden, eventuell auch mit anderen Nährstoffen.

Laut der BLE liegt der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch inzwischen so niedrig wie lange nicht in Deutschland. Deutet das nicht auf eine deutliche Wandlung der Essgewonheiten hin?

[Prof. Hauner] Derzeit beschäftigen wir uns tatsächlich mit der Ernährung während der Pandemie und inwiefern Menschen zugenommen haben. Etwa 40 % der Deutschen haben durchschnittlich 5,5 kg zugenommen. Dazu hat oft auch die Stressbelastung beigetragen. Essgewohnheiten selbst haben sich nicht stark verändert. Mehr Convenience Food wurde verzehrt. Etwa 5% haben allerdings angegeben mehr zu kochen. Viele geben aber auch zu, mehr Süßigkeiten und Ungesundes zu verzehren. Auf der anderen Seite ernähren sich auch einige seit der Pandemie gesünder. Insgesamt gibt sich das in etwa die Waage und es hat sich nicht sonderlich viel verändert.

"Wie hängen inflammatorische Erkrankungen mit der Ernährung zusammen und könnten Krankheiten wie Psoriasis ggf. gelindert (geheilt?) werden, wenn eine personenspezifische Ernährungsumstellung unter Einbezug einer vorausgehenden Analyse und "Umbau" des Mikrobioms in die Therapie der Betroffenen einfließt bzw. Im Fokus steht? ( Im Prinzip viele Systemische Erkrankungen oder auch Gefäßerkrankungen)
In Betrachtung des direkten Zusammenhangs von Immunsystem und Zusammensetzung des Mikrobioms, welches über die Nahrungsaufnahme beeinflusst wird, erscheint obige Frage / zugleich auch Annahme, als Konsequenz logisch, oder nicht?"

 

PD Dr. Klaus Neuhaus, Head of the Core Facility Microbiome, ZIEL – Institute for Food & Health

Leider ist Psoriasis als Autoimmunerkrankung bisher nicht ursächlich heilbar. Dennoch hat die Ernährung in der Tat einen Anteil an der Ausprägung von solchen Krankheiten. Das Mikrobiom des Menschen ist aber sehr komplex und die Wissenschaft kommt hier – noch – an Grenzen. Man kann bisher keine personalisierte Ernährung anhand des analysierten Mikrobioms vorschlagen, auch wenn solches bereits von einigen Firmen angeboten wird. Die Zusammenhänge zwischen Mikrobiom, eigener Genetik, Befindlichkeit und Ernährung werden zwar mit Hochdruck erforscht, sind aber in weiten Teilen, vor allem auf der Ebene einer einzelnen Person, noch unverstanden. In der Regel gilt aber eine ballaststoffreiche Ernährung als eine gesunde Ernährung. Zum Beispiel bilden die 10 Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung den momentanen wissenschaftlichen Konsens gesunder Ernährung ab. Drastische Ernährungsumstellungen / Diäten sollte man ggf. vorher mit seinem behandelnden Arzt absprechen.

Ich habe eine Ernährungsfrage an die ESSERwisser.
Und zwar esse ich keine Nudeln und (Weiß)brot, weil ich dadurch Fressflashs am nächsten Tag kriege. Ich versuche mich an mein Intervallfastensystem von 13-21Uhr zu halten, aber wenn ich am Abend vorher Nudeln oder Brot gegessen habe fällt es mir RICHTIG schwer, nicht schon um 10 irgendwas zu essen! Was ungesunden und VIEL.
Ist das normal, bilde ich mir das ein oder ist es nur bei manchen Menschen so...? Und wie kann ich den Effekt verhindern?

 

Susanne Schmidt-Tesch, Institut für Ernährungsmedizin Klinikum rechts der Isar Technische Universität München

Jeder Mensch ist ein Individuum und hat auch bestimmte Essgewohnheiten erlernt. Insofern ist es normal, dass es kleine Unterschiede im Stoffwechsel gibt. Die Bandbreite wie eine gesunde Ernährung umgesetzt werden kann, ist dabei durchaus groß und kann somit individuell angepasst werden. Sie geht über verschiedene Ernährungsformen, wie Mischkost, vegetarische Kost, dem Mittelmeer vergleichbare Ernährungsweise u.s.w. Auch wie oft  gegessen werden soll, richtet sich vielfach nach den individuellen Hungergefühl und Gewohnheiten. Beim gesunden Menschen können es 2 bis 5 Mahlzeiten pro Tag sein. Allen gemeinsam sind 5 Gemüse- und Obstmahlzeiten, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte  sind zu bevorzugen und Zuckerhaltiges nur in sehr kleinen Mengen genießen. Auch zwischen den Mahlzeiten sollte nicht genascht werden. Dass nach dem Genuss von Weißmehlprodukten, der Hunger schneller kommt, ist normal. Die enthaltenen Kohlenhydrate sind für unser Verdauungssystem leicht zugänglich und können schnell bis zum Traubenzucker (Glukose) aufgespalten werden und so durch die Darmwand ins Blut geschleust werden. Dort werden sie mit Hilfe von Insulin in die Zellen gebracht werden. Bei Ihnen wird eventuell die Insulinproduktion durch Zucker und Weißmehlprodukte besonders angeregt, sodass es zu einem erhöhten Hungergefühl kommen kann. Vollkornprodukte helfen dem entgegen zu wirken. Auch sollten Sie Kohlenhydrate wie Reis, Nudeln, Kartoffel und Brot nicht isoliert essen, sondern immer zusammen mit Protein und Fett: Vollkornbrot mit Käse, Vollkornnudeln mit Gemüse, etwas Olivenöl und geriebenen Parmesan, Vollkornpfannkuchen gefüllt mit Gemüse und etwas Käse überbacken, Gemüseaufläufe oder auch ganz klassisch: Rinderbraten mit Kartoffeln und Rotkraut. Ansonsten stellt sich auch die Frage, ob die Mahlzeitengestaltung für Sie die Richtige ist. Vielleicht sind drei Mahlzeiten, z. B. 10 Uhr, 15 Uhr, 20 Uhr und 14 Stunden Pause über Nacht besser oder 10 und 18 Uhr bei 2 Mahlzeiten.“

Sehr geehrte Damen und Herren, Sehr geehrte ESSERwisser,
das Thema der Lebensmittelverschwendung wird bereits mit zahlreichen Aufklärungs- und Informationskampagnen aufgegriffen, um in das Bewusstsein der Menschen zu gelangen. Die privaten Haushalte in Deutschland verzeichnen einen hohen Anteil von Lebensmittelabfällen. Davon wären theoretisch die Hälfte vermeidbar.
Meine Fragen lauten:
--> Welche weiteren Maßnahmen/Lösungswege halten Sie für wirkungsvoll, um das Verhalten der Menschen zu ändern?
--> Wie lässt sich Ihrer Meinung nach die Unverträglichkeit zwischen dem Sachverhalt der Lebensmittelverschwendung und der Verbraucher erklären?
Ich freue mich auf Ihre Meinung zum Thema der Lebensmittelverschwendung!
Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn)

Aufklärungskampagnen zur Sensibilisierung der Verbraucher für die Thematik Lebensmittelverschwendung sind aus unserer Sicht ein wichtiges Werkzeug. Bereits in KITAS und Schulen sollten Kinder mit der Thematik in Berührung kommen, das KErn hat hier unterschiedliche Lehrmaterialien wie zum Beispiel die Lebensmittelfreunde mit dem Lebensmittelretterführerschein und den Lernzirkel „köstlich und kostbar“ entwickelt und Aktionen wie Fotowettbewerbe oder Kinder-Unis veranstaltet. Für eine breite Zielgruppe sind interaktive Materialien zum Thema Lebensmittelverschwendung wie die virtuelle Küche und die Wanderausstellung „Restlos gut essen“ konzipiert worden, die auf Veranstaltungen und in Museen genutzt werden.

Um eine langfristige Verhaltensänderung zu bewirken ist auch ein digitaler Ansatz sehr vielversprechend, da hier konkrete Tipps gegeben werden, die Schritt für Schritt in den Alltag integriert und umgesetzt werden können. Das KErn hat mit Partnern die stocky App im Rahmen eines Forschungsprojektes entwickelt, die Verbrauchern hilft, ihre Einkäufe besser zu planen, die Vorräte im Blick zu behalten und Reste gezielt zu verwerten. Hier werden auch Ideen rund um einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln vermittelt und spielerische Anreize geschaffen, wertschätzender mit Lebensmitteln umzugehen.

Die Konsumausgaben für Lebensmittel sind insbesondere in Deutschland als vergleichsweise niedrig anzusehen, damit sinkt auch die Wertschätzung für Lebensmittel. Es werden größere Mengen eingekauft, und folglich verderben Waren zu Hause, wenn Verbraucher den Überblick über ihre Vorräte verlieren und diese nicht rechtzeitig verwerten. Preise, die den wahren Wert von Produkten wiederspiegeln und auch Umwelt- und soziale Kosten berücksichtigen, könnten ein wichtiger Hebel sein, um das Bewusstsein der Verbraucher zu schärfen.

Schließlich ist die Förderung und Vernetzung von kommunalen Aktivitäten mit Handelsunternehmen, Erzeugern, Verarbeitern, Bildungsorganisationen  und Vereinen vielversprechend, um Verbraucher vor Ort einzubinden und das Thema erlebbar zu machen.

Gerne können Sie auch in diesem Zusammenhang den Vortrag des KErn zum Thema Lebensmittelverschwendung auf der FIT-Seite ansehen.